Am Ende des Anthropoz�ns:
John Akomfrahs Videoinstallation „Purple“ im ICA Boston

Purple sei aus fortw�hrender Frustration und Unzufriedenheit entstanden, sagt John Akomfrah. Er habe etwas �ber die Geschichte von Chemikalien, Wettersystemen oder Spezies machen wollen: „Wir leben nicht mehr im 18. Jahrhundert, es ist nicht mehr das Zeitalter endloser Landschaften und des unbegrenzten Raums, den wir endlos ausbeuten, verschmutzen, kaputt machen k�nnen. Das Spiel ist aus. Aus diesem Sinn von Endlichkeit, einem nahenden Schlusspunkt ist diese Arbeit entstanden.“

In seinen immersiven Videoinstallationen besch�ftigt sich der Londoner K�nstler, Autor und Aktivist mit Erinnerung, Postkolonialismus und den Erfahrungen der globalen Diaspora. Er kombiniert dabei dokumentarisches Archivmaterial mit inszenierten Szenen zu komplexen filmischen Kompositionen, in denen sich Essay, Erz�hlung und Poem �berlagern. Sein j�ngstes Werk Purple (2017) ist sein bislang ambitioniertestes und wurde gleich von sechs Institutionen in Auftrag gegeben, darunter das Barbican in London und das Institute of Contemporary Art in Boston, wo es nun dem amerikanischen Publikum vorgestellt wird.

Wie auch schon in seiner gefeierten Videoarbeit Vertigo Sea (2015) verbindet Akomfrah in Purple die Geschichte der menschlichen Unterdr�ckung und Ausbeutung der Erde mit dem Klimawandel, der Zerst�rung der Natur und den Auswirkungen dessen auf Gesellschaften weltweit. Seine Videoarbeit sei eine Antwort auf das Anthropoz�n, sagt Akomfrah, auf das Zeitalter, in dem der Mensch zu einem der wichtigsten Einflussfaktoren auf die biologischen, geologischen und atmosph�rischen Prozesse der Erde geworden ist. Und folgerichtig r�cken auch in Purple Menschliches und Nicht-Menschliches n�her zusammen. Auf sechs Leinw�nden, unterlegt mit einem hypnotisch-minimalistischen Soundtrack, entwickelt die Videoarbeit in sechs „Movements“ eine verwobene, symphonische Erz�hlung �ber das Verschwinden von �kologisch intakten Landschaften – von Alaska �ber die schmelzenden Eisberge in Gr�nland bis nach Tahiti und die vulkanischen Marquesas-Inseln im S�dpazifik. Akomfrah arbeitet mit gefundenem Material aus britischen Wochenschauen oder Naturdokumentationen sowie selbstgedrehten Sequenzen. Immer wieder geht es dabei um den Preis, den nicht nur die Natur, sondern auch die menschliche Gemeinschaft f�r gesteigerten Konsum, globalen Handel und Mobilit�t zahlt. Ein wiederkehrendes Motiv sind Kinder, die wartend und ratlos unter sich �ber endlose Monokulturfelder ziehende Hochspannungsleitungen stehen. Der Zerst�rung der Umwelt, dem Zerfall sozialer und �kologischer Systeme stellt Akomfrah Bilder voll von Traurigkeit und fragiler Sch�nheit entgegen – flie�ende B�che und Schw�rme leuchtender Quallen. Doch genau diese Sch�nheit macht auch deutlich, was auf dem Spiel steht.

John Akomfrah: Purple
bis 02.09.2019
ICA, Boston