Body, Soul, Nature:
Wie der Summer of Love unsere Vorstellungen von Gesundheit, Gl�ck und Gemeinschaft revolutionierte

Die Sixties, das sind doch die Martinis von Mad Men, kettenrauchende Hausfrauen, LSD-poppende Drop-Outs. Oder? Nicht ganz: In genau dieser �ra begann mit der Hippiebewegung eine Revolution, die unsere Vorstellungen von Gesundheit, Gl�ck und der Einheit mit der Natur radikal ver�nderte – und bis heute in den Mainstream nachwirkt. Mit Workshops zu Meditation, Tanz und Ern�hrung, Literaturabenden und Talks zu �kologie, Kunst und Aktivismus macht das Begleitprogramm zur Ausstellung „summer of love“ im PalaisPopulaire die Strahlkraft dieser �ra erlebbar.
Es ist paradox: In den hochentwickelten Industrienationen, in denen es um die st�ndige Steigerung des Bruttosozialprodukts geht, erscheint „Wohlstand“ l�ngst nicht mehr so erstrebenswert wie noch vor der Jahrtausendwende. W�hrend f�r die Globalisierungsverlierer Geld und materielle Werte immer wichtiger werden und sie es sich schlichtweg nicht leisten k�nnen, �ber ihre inneren Befindlichkeiten nachzudenken, stellt sich in den reichen Nationen immer mehr die Frage nach dem Lebenssinn, der Lebensqualit�t. Anstatt komplett „auszusteigen“, wie es die Hippies in den 1960er-Jahren taten, suchen heute viele Menschen den Kompromiss, die richtige „Work-Life-Balance“ - M�glichkeiten, um f�r kurze Zeit dem Stress und Konkurrenzkampf zu entkommen. Dennoch geht es auch hier nicht lediglich darum, eine Auszeit zu nehmen, um dann einfach wieder zu funktionieren. Vielmehr steht die Idee der Ganzheit von K�rper, Seele und Geist im Vordergrund, das Bed�rfnis nach organischer, �kologisch vertretbarer Ern�hrung und Achtsamkeit.

Fast alles, was wir heute praktizieren, um uns zu sp�ren, aus unserm Ego zu kommen, uns f�r das Transzendente oder andere Menschen zu �ffnen, im Einklang mit der Natur zu leben, wurde schon vor Dekaden durch die Hippies kultiviert. Hunderttausende von Menschen, die im „Summer of Love“ 1967 nach San Francisco str�mten, tanzten bei gigantischen Happenings nicht nur zum psychedelischen Rock von Jefferson Airplane oder Grateful Dead. Sie lauschten auch dem Beat-Poeten und Aktivisten Allen Ginsberg, der sich intensiv mit dem tibetischen Buddhismus und der Krishna-Bewegung besch�ftigte, oder Shunryu Suzuki, dem Gr�nder des San Francisco Zen Center.

Im Rahmen der Ausstellung summer of love: art, fashion, and rock and roll im PalaisPopulaire wird auch der Zen-Lehrer Bernd Bender, der am San Francisco Zen Center ausgebildet wurde, eine Einf�hrung in Mediation, Achtsamkeitstraining und Zen-Praxis geben. Aus gutem Grund: Die Hippiebewegung war zuallererst eine spirituelle Bewegung. In Zeiten der rapide fortschreitenden Industrialisierung und des Vietnamkriegs richtete sie sich gegen die bleierne Stimmung der Nachkriegs-�ra, gegen den morbiden Mad Men-Materialismus und Ayn Rands Sozialdarwinismus, der als Vorbote des Neoliberalismus die Selbstverwirklichung nur im egoistischen Recht des St�rkeren sah. Der Blick wendete sich, wie bereits in der europ�ischen Moderne des anbrechenden 20. Jahrhunderts, nach Osten. Hatten damals K�nstler und Literaten wie Hermann Hesse oder die Architekten des Bauhauses Inspiration in asiatischer Kultur und Philosophie gefunden, zogen nun die Kinder der McCarthy-�ra mit ihren Backpacks auf dem „Hippie-Trail“. Der f�hrte sie �ber Tausende von Kilometern �ber Istanbul nach Iran, Afghanistan, Pakistan, Nepal und Indien, wohin Ginsberg bereits 1962 gezogen war. Einen regelrechten Indien-Boom l�sten 1968 die Beatles aus, als sie f�r Monate nach Rishikesh in das Zentrum des Maharishi Mahesh Yogi, dem Begr�nder der Transzendentalen Meditation, zogen.

Die Besucher aus dem Westen brachten nicht nur Schwarzen Afghanen, Opium oder Patschuli von ihren Reisen in die USA mit, sondern auch eine f�r den Westen adaptierte Version ostasiatischer Religionen wie Buddhismus, Hinduismus und der Hare Krishna-Bewegung. Dass Zen-Buddhismus in den USA so auf dem Vormarsch war, hatte auch damit zu tun, dass Soldaten in Vietnam erstmals mit ihm in Ber�hrung kamen. Eine atheistische Religion, die Achtsamkeit, Abkehr vom Materialismus und bedingungslose Liebe postulierte, war f�r die Hippies eine befreiende Alternative. Nicht nur zu dem Lebensstil des Establishments, sondern auch zu dem konservativen Christentum, das mit rigiden Moralvorstellungen der Kleinfamilie die US-Gesellschaft dominierte. Doch schon in den 1960er-Jahren war dabei deutlich, dass damit alles andere als eine esoterische Flucht gemeint war. Mit der buddhistischen Praxis ist eine umfassende Meditationsroutine verbunden, aber auch verantwortliches, mitf�hlendes Handeln. Gerade in Vietnam bildete sich ein politisch engagierter Buddhismus heraus. Das Foto eines M�nchs, der sich 1963 auf einer Stra�e in Saigon aus Protest gegen den Krieg selbst verbrannte, ging um die Welt. Einer der bis heute wichtigsten buddhistischen Lehrer, der vietnamesische M�nch Th�ch Nhất Hạnh verfasste 1965 einen �ffentlichen Brief an Martin Luther King, in dem er die Situation in Vietnam schilderte und King aufforderte, sich zum Vietnamkrieg zu �u�ern. Im Jahr 1966 fand ein Treffen zwischen beiden statt. Anfang 1967 schlug Martin Luther King Th�ch Nhất Hạnh f�r den Friedensnobelpreis vor und bezog �ffentlich Stellung gegen den Vietnamkrieg.

Der Ausstieg der Hippies aus dem Mainstream der amerikanischen Gesellschaft war angesichts des Krieges nicht nur eine politische Konsequenz. Er hatte auch mit der Suche nach einem verloren gegangen Idealismus zu tun. Statt Soldaten wollten die Hippies Schw�rmer, Romantiker und Utopisten sein. Die Inspiration fanden sie in den Ideen ihrer Vorg�nger-Generationen. Da war der britische Poet, Maler und Naturmystiker William Blake (1757-1827), der Inbegriff des Outsiders und Vision�rs, der den Materialismus seiner Zeitgenossen vehement angeklagt hatte. Hermann Hesses B�cher wurden in den 1960ern zu Bestsellern – allen voran sein 1927 erschienener gesellschaftskritischer Roman Der Steppenwolf und Siddhartha (1922), die Geschichte eines jungen Brahmanen, der sich auf die Suche nach „Atman“ macht, dem „All-Einen“, das in jedem Menschen ist. Eine weitere Renaissance bereiteten die Hippies auch den V�tern der amerikanischen Demokratie, den Schriftstellern und Philosophen Walt Whitman, Ralph Waldo Emerson und Henry David Thoreau. Alle drei waren Anh�nger des Transzendentalismus, der Einfl�sse der deutschen Aufkl�rung und der englischen Romantik mit mystischen Vorstellungen und indischer Philosophie vereinte. Die Transzendentalisten traten f�r eine freiheitliche, selbstverantwortliche und naturnahe Lebensf�hrung ein. Von ihnen gingen wesentliche Impulse f�r die Sklavenbefreiung, die Entstehung der Frauenbewegung und der Naturschutzbewegung aus. Besonders Thoreau war eine gro�e Inspiration. 1845 zog er sich f�r zwei Jahre an den Walden-See in der N�he von Concord bei Boston in eine selbstgebaute Blockh�tte zur�ck, wo er autark und mit den geringstm�glichen Ausgaben lebte. Dazu ver�ffentlichte er sein Buch Walden. Oder das Leben in den W�ldern, in dem er minuti�s sein einfaches Leben festhielt und essayistisch �ber Themen wie Wirtschaft und Gemeinschaft schrieb. Dieses Buch wurde zu einer Bibel f�r die aufkeimenden Landkommunen, die als Selbstversorger �kologischen Landbau betrieben. 1849, nachdem er ins Gef�ngnis gekommen war, weil er sich weigerte, Steuern zu bezahlen, publizierte Thoreau ein weiteres Werk, das ungeheuer wichtig f�r die Demonstrationen und die „Sit-Ins“ der 1960er-Jahre war: seinen ber�hmten Essay �ber die Pflicht zum Ungehorsam gegen den Staat. Das Pamphlet diente unter anderem Mahatma Gandhi und Martin Luther King als Inspirationsquelle f�r den gewissensgeleiteten, gewaltfreien Widerstand gegen die Obrigkeit und ist bis heute ein Standardwerk des zivilen Ungehorsams.

Doch die Hippie-Bewegung war vor 1968 noch nicht so politisiert. Sie folgte eher der romantischen Vorstellung einer klassenlosen, urspr�nglichen Gesellschaft, in der jeder ein exzentrischer Adeliger, ein Boh�me oder ein Pionier sein und einen Neuanfang wagen kann. Zugleich beschworen die von den Hippies adaptierten Ornamente des Jugendstils und der Arts & Crafts-Bewegung eine R�ckkehr zu Natur, Handwerk, Urspr�nglichkeit. F�r die meisten f�hrte die Reise dabei nach Innen – durch Die Pforten der Wahrnehmung, wie der 1954 ver�ffentlichte Essay des britischen Schriftstellers Aldous Huxley hie�, in dem seine intensiven Drogenerfahrungen beschreibt. The Doors of Perception – so der Originaltitel – inspirierte Jim Morrison so sehr, dass er seine Band The Doors danach benannte. Wie f�r Morrison waren auch f�r die Hippies bewusstseinserweiternden Drogen Teil der spirituellen Erfahrungen und Selbsterkundungen. 1968 erschien ein Buch, das dieses Denken im Mainstream verankern und sich mit einer Reihe von Folgeb�nden zu einem internationalen Bestseller entwickeln sollte: Carlos Castanedas Die Lehren des Don Juan. Darin erz�hlt der Autor und Ethnologe, wie er bei seinen Studien �ber die Yaqui-Indianer in Mexiko den Schamanen Don Juan Matus kennenlernte, der ihm durch den Gebrauch von Heilkr�utern und Peyote-Ritualen eine radikal andere Sichtweise der Wirklichkeit vermittelte. 1973 kam es allerdings zu einem akademischen Skandal. Der investigative Journalist Richard de Mille deckte auf, dass Don Juan Matus eine reine Erfindung war.

Die R�ckkehr zur Urspr�nglichkeit verband sich bei den Hippies in den USA mit der Hinwendung zum Mystizismus und den Ritualen der indianischen Ureinwohner. Das lag nicht nur daran, dass man als Gegenpol zu fern�stlichen Religionen nach einer uramerikanischen Alternative suchte. Mit der spirituellen Praxis der indianischen V�lker Nordamerikas war auch ein Denken verkn�pft, das mit der Natur und dem Credo der Gemeinschaft verbunden war. Sie heiligten in ihren rituellen T�nzen die Geister ihrer Vorfahren und Mutter Erde. Die Vorstellung, Land zu besitzen, war f�r sie v�llig unverst�ndlich. In den 1960ern war die Situation der Indianer in den Reservaten verzweifelt und hoffnungslos. Zugleich bildete sich mit dem American Indian Movement eine B�rgerrechtsbewegung, die auch mit militanten Aktionen bekannt wurde, etwa mit der sp�teren Besetzung und Geiselnahme 1973 am geschichtstr�chtigen Wounded Knee in South Dakota. Hier hatte die US-Armee 1890 ein Massaker an den Lakota-Indianern begangen, bei dem ann�hernd 300 Stammesangeh�rige ermordet wurden. Bereits 1970 war Dee Browns Bestseller Bury My Heart at Wounded Knee (dt. „Begrabt mein Herz an der Biegung des Flusses“) erschienen, der zu breiten gesellschaftlichen Debatten f�hrte. Die Idealisierung der indianischen Kultur durch die Hippies �u�erte sich durch die �bernahme von schamanischen Ritualen und T�nzen, den Bau von Schwitzh�tten und Tipis. Auch Federschmuck tauchte zunehmend auf Festivals auf und blieb �ber die Disco-�ra bis zu Jamiroquai ein popkulturelles Symbol f�r alternative Kultur und Drogenkonsum. Bis in die 1970er hing in jeder Wohngemeinschaft ein Plakat mit dem historischen Foto eines indianischen Stammesf�hrers, wie etwa Sitting Bull, versehen mit einem aphoristischen Zitat gegen die Zerst�rung der Erde und die Unterdr�ckung der indianischen Ureinwohner.

Dem durchaus gut gemeinten Versuch wei�er Mittelklasse-Amerikaner, von den „Indianern zu lernen“, fehlte es h�ufig an Realismus und politischem Engagement. Oft konzentrierte sich das Interesse auf alternative Heilpraktiken, Selbsterfahrung und experimentelle Drogenerlebnisse. Auch der Hippie-Trail war absolut drogengeschw�ngert, besonders in Afghanistan und Pakistan. Viele der Hippies verbanden Meditation und Yoga-Praxis mit der Einnahme von LSD, um die bewusstseinserweiternde Erfahrung zu steigern – entgegen des Rates ihrer indischen Gurus, die Drogen als Blockade des spirituellen Wachstums betrachteten und den Gebrauch untersagten. Doch diese Tragweite interessierte viele der jungen Aussteiger nicht.

Das Klischee des Hippies ist untrennbar mit den Modeph�nomenen dieser Zeit Verbunden: R�ucherst�bchen, bunte Kleidung, indische Musik und Kunst, Yoga und Meditation. Die Zeitungen und Magazine waren voll von Karikaturen, die diesen Lebensstil als realit�tsfremd und entpolitisiert veralberten. W�hrend heute in vielen Unternehmen Yogakurse am Arbeitsplatz angeboten werden, hatte die Er�ffnung eines Yoga-Studios auch im San Francisco der 1960er-Jahre noch den Anstrich des Exotischen. Ebenso suspekt war damals die Gr�ndung von Retreat-Zentren, buddhistischen Kl�stern und alternativen Kliniken, die den Beginn eines neuen holistischen Ansatzes in der Medizin ank�ndigten. Ohne die Hippies w�ren Akupunktur, chinesische Medizin oder Naturheilverfahren heute nicht so popul�r. Ebenso wenig die Verbindung von Tanz, K�rperarbeit und spirituellen Ritualen, die in den Sixties ihren Anfang nahm und heute in zahlreichen Selbsterfahrungs-Workshops angewendet wird. In dieser Tradition steht auch der Conscious Dance Workshop im PalaisPopulaire, bei dem die 5Rhythms-Methode vorgestellt wird – eine Bewegungsmeditation, die Einfl�sse aus dem Schamanismus, �stlicher Philosophie und Gestalttherapie verbindet.

V�llig neu waren in den 1960er-Jahren die vegetarischen Ern�hrungs- und Heilungsphilosophien, die Hippies aus Asien mitbrachten und f�r den Westen adaptierten, wie Ayurveda und Makrobiotik. W�hrend es heute ein v�llig normaler Ausdruck von „Self-Care“ ist, ayurvedisch zu kochen oder in eine ayurvedische Klinik zu gehen, brachte vor allem die alternative Ern�hrung damals nicht nur Normalb�rger, sondern auch Gesundheitsbeh�rden auf die Barrikaden, die den Verzicht auf Fleisch als gesundheitssch�dlich ansahen. Auch der �kologische Landbau wurde wie ein exzentrisches Hobby betrachtet.

In Satiren und Karikaturen wurden Hippies gerne M�sli und braunen Reis m�mmelnd dargestellt. Dabei waren sie die Pioniere unserer modernen Ern�hrung – mit einer erstaunlich vielf�ltigen Palette an Produkten und einer K�che, die heute von Hipstern goutiert und in Frauenmagazinen propagiert wird. Tofu, Kombucha-Tee, Quinoa, Sprossen – all das w�rde man heute ohne die Hippiebewegung nicht in Superm�rkten finden. Im PalaisPopulaire kann man das im Oktober bei dem Workshop Zen+Food in der Praxis erfahren, bei dem nach einer gemeinsamen Meditation eine kl�sterliche Mahlzeit in der Tradition des Zen Oryoki eingenommen wird.

Was die Massen damals aber an der Hippiebewegung am meisten erregte, war die Absage an die Ehe und traditionelle Zweierbeziehung. „Freie Liebe“ nannte man das damals. Und so wie heute die Debatten um „Polyamorie“ die Meinungsseiten von Magazinen f�llen, l�sten wechselnde Sexpartner und Hippiekommunen auch damals ein ungeheures Medienecho aus, wobei Ende der 1960er die „Sexuelle Revolution“ ausgerufen wurde. Der Weg, den Pioniere wie Sigmund Freud oder Wilhelm Reich in der Moderne oder die Kinsey-Reports und die Untersuchungen von Masters und Johnson in den 1950er-Jahren geebnet hatten, entwickelte sich in den 1970er-Jahren zum Highway der sexuellen Befreiung, die dann w�hrend der sogenannten „Sexwelle“ jeden Durchschnittshaushalt im Westen erreichte. Pl�tzlich wurde �ber bislang unterdr�ckte Sehns�chte, Praktiken und Beziehungsmodelle gesprochen. Doch schaut man sich die Darstellungen in sogenannten „Sex-Filmen“ dieser Zeit an, wie etwa Candy (1968) mit Stars wie Marlon Brando, Ringo Starr oder Richard Burton, dient die Figur des leicht naiven und promisken „Hippie-M�dchens“ lediglich der Befriedigung von ganz normalen M�nnerphantasien.

Tats�chlich sollte die Hippiebewegung auch an ihrem eigenen Hedonismus und Eskapismus scheitern. Sie endete in den sp�ten 1960er-Jahren. Nicht nur weil sie zunehmend zum Lifestyle verw�sserte, sondern auch wegen zunehmenden Problemen mit Drogen, k�rperlicher und sexueller Gewalt. Joan Didion hat in ihrem ber�hmten Essay Slouching Towards Bethlehem (1967) die Verwahrlosung im Hippie-Viertel Haight-Ashbury beschrieben, wo sie auch �ber Kinder im Vorschulalter schrieb, die von ihren Eltern unter LSD gesetzt wurden. Die Probleme im v�llig von Aussteigern �berlaufenem San Francisco wurden so schlimm, dass das wichtigste Hippie-Magazin San Francisco Oracle jedem, der hierhin kommen wollte, riet, die „Blumen im Haar“ zu vergessen und stattdessen einen Schlafsack, Geld und warme Kleidung mitzubringen. Die Morde an Sharon Tate und ihren Freunden 1969 durch die Manson Family, die Gewaltausbr�che und der Mord an einem 18-J�hrigen durch die Hells Angels bei einem Auftritt der Rolling Stones im selben Jahr besiegelten �u�erlich das Ende dieser friedlichen Revolution.

�ber lange Zeit schien es, dass niemand sich diese Kultur wirklich zur�ckw�nschte, auch wenn in den letzten Jahren der Hippie-Style wieder deutlich zu einem Ph�nomen wurde. Erst 2017 erschien im britischen Guardian eine Kolumne zum Neo-Hippie-Revival mit dem Titel The hippy is back: not so cool if you remember it the first time round. Darin beschweren sich die traumatisierten Kinder von Hippie-Eltern �ber die Bigotterie und den Egoismus ihrer Eltern – �ber eine Jugend wie in dem Film Captain Fantastic, in dem Viggo Mortensen, �hnlich wie Thoreau, seine Familie fernab jeder Zivilisation zum autonomen �berleben erzieht und dabei scheinbar v�llig den Kontakt zur gesellschaftlichen Realit�t verliert.

Doch angesichts des Klimawandels und der wachsenden sozialen Ungleichheit muss man sich fragen, ob dieses Denken tats�chlich so realit�tsfremd ist. So konnte man bei den Protesten gegen den Bau der Dakota Access-Pipeline in Standing Rock sehen, wie sich die Frage nach der Rettung der Erde auch heute mit Spiritualit�t und Gemeinschaft verbindet. Der Widerstand der Indianer in Standing Rock f�hrte nicht nur zur Gr�ndung einer der gr��ten Umweltbewegungen der 2000er-Jahre in den USA, sondern mobilisierte auch die gr��te Zusammenkunft von „Native Americans“ seit 1920. Die ganzheitliche Vision der Hippies, ihre Sehnsucht nach Gemeinschaft und gesellschaftlicher Ver�nderung erscheinen gerade heute aktueller denn je. Das Leben im Einklang mit der Natur, der Schutz von „Mutter Erde“, der f�r die Bewegung unabdingbar mit der Utopie einer gerechteren und humaneren Gesellschaft verbunden war, ist auch f�r heutige Aktivisten zentral. Immer mehr Menschen w�nschen sich den Ausstieg aus einem System, das offenkundig den Planeten zerst�rt. Gel�nge es, anders als in den 1960er-Jahren, diese Utopie mit einer konsequenteren politischen Perspektive zu verbinden, k�nnte das Denken der Hippies zukunftsweisend sein.

summer of love:
art, fashion, and rock and roll

bis 28.10.2019
PalaisPopulaire

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